Donnerstag, 16. Juli 2020

Meine Mama ist tot

Meine Mama ist am 6. April 2020 verstorben. Mitten im Corona-Lockdown. Sie war aufgrund von schweren Depressionen und Angstzuständen in einer Klinik und hat dort eine Lungenembolie erlitten, der sie erlegen ist. Ihre letzten Lebenswochen waren geprägt von Angst und Panik. Sie wusste nicht ein noch aus. Sie musste 10 verschiedene starke Medikamente nehmen und nichts hat ihr geholfen. Ich habe sie zuletzt an Weihnachten gesehen und gehört habe ich sie das letzte Mal im Januar, an ihrem 70. Geburtstag. Danach ging es ihr schnell sehr schlecht und sie wollte keinen Kontakt mehr. Weder zu ihrem Mann, noch zu ihren Kindern oder Enkelkindern. Sie war gefangen in einer Welt voller Angst und Panik.

So einen Tod wünscht man Niemandem. Mir blutet das Herz und mir laufen die Tränen hinunter, wenn ich daran denke. Ich hätte mir für sie ein anderes Ende gewünscht, aber auch ein anderes Leben. Denn bereits die letzten 20 Jahre ihres Lebens hat sie immer wieder unter schweren Depressionen gelitten, aus denen sie keinen Ausweg fand. Sie wurde immer mehr zum Schatten ihrer selbst, so dass der Tod für sie vielleicht letztendlich eine Erlösung war.

Nicht mehr hier, aber dennoch immer da

Ich denke jeden Tag an sie und daran, was ich evtl. hätte tun können und sollen. Manchmal vergesse ich fast, dass sie gestorben ist. Dann denke ich, gleich rufe ich Mama an. Aber ich kann sie nicht mehr anrufen, denn sie ist nicht mehr da. Sie fehlt mir so sehr. Ich hätte mir so gewünscht, dass sie ihre Enkel aufwachsen sehen kann und, dass sie es schafft ihre inneren Dämonen zu besiegen. Aber sie hatte ihnen nichts entgegenzusetzen.

Gleichzeitig haben mich ihre Krankheit und meine eigenen Erfahrungen mit Burnout und Depressionen zu der gemacht, die ich heute bin. Ihr Leiden hat mir Impulse gegeben, Dinge anders zu machen. Muster und Prägungen zu hinterfragen und sie aufzulösen. Es ist ein langer Weg. Eine Lebensaufgabe. Aber ein Weg, den ich gehe. Mit kleinen Schritten, aber ich gehe ihn.

Ich weiss nicht, wohin mich dieser Weg führt. Ich habe zwar Wünsche und Träume, Ideen, was ich mit meinem Leben anfangen möchte, aber die Umsetzung ist momentan noch nebulös.

So komisch es klingt, aber der Tod meiner Mutter und ihre Krankheit zuvor, wecken in mir den Wunsch "mehr" aus meinem Leben zu machen. Mehr bei mir zu sein. Mehr von dem zu machen, was ich mag. Auch beruflich. 

Coaching und Meditation

Ich habe eine Coaching-Ausbildung angefangen. Neben meinem 80%-Job und meinem Leben als 50%-ige Teilzeit-Mama. Es ist wahnsinnig anstrengend, aber es fühlt sich gut an. 

Seit meine Mama gestorben ist, meditiere ich jeden Tag. Ich versuchte schon einige Zeit lang mir eine Meditationspraxis anzueignen, aber die tatsächliche Entscheidung diese täglich umzusetzen, erfolgte erst im Nachgang zum Tod von meiner Mama.

Und seit meine Mutter gestorben ist, weiss ich, dass der Tod nicht das Ende von allem ist. Der Körper meiner Mama wurde zwar verbrannt, aber ihre Seele ist noch da. Wie Laura Marina Seiler in ihrem Podcast auf You Tube sagt, sind wir eigentlich reine Energie und diese Energie stirbt nicht, sie wandelt nur ihre Form. Auch Quantenphysiker haben inzwischen herausgefunden, dass es so etwas wie eine Seele gibt, etwas, dass unseren Körper beim Sterben verlässt und ins Alleins eingeht.



Irgendwie tröstet mich dieser Gedanke. Er macht das Leben ohne meine Mama erträglicher. Er gibt dem Tod einen Sinn. Auch wenn sie ihrer Krankheit nichts entgegenzusetzen hatte, so hatte sie vermutlich ihre Aufgabe auf Erden erledigt. Vielleicht war es auch ihre Aufgabe uns Töchtern zu zeigen, was wir anders machen müssen als sie. Vielleicht musste sie leiden, damit wir Kinder es schaffen Muster und Prägungen zu ändern, die sich schon seit Generationen in unserer Familie befinden. Ich weiss es nicht. 

Aus den Tiefen des Lebens schöpfen

Ich weiss aber, dass ich an den Tiefen, die ich in meinem Leben hatte, letztendlich immer gewachsen bin. Und diese Fähigkeit, die meine Mama nicht hatte und an an der ich täglich arbeite, möchte ich meinem kleinen Sohn mit ins Leben gehen.

Er wächst zwar durch die Trennung vom Kindsvater nicht in einer heilen Familie auf (so wie ich sie in meiner (frühen) Kindheit erlebt habe), aber dafür wächst er mit einer Mutter auf, die sich ihren Problemen stellt, die sich reflektiert und für sich und für ihn neue, bessere Muster und Prägungen entstehen lassen möchte. Ich hoffe er erkennt dies eines Tages.

Denn ich entwickle mich nicht nur für mich weiter, sondern auch für meinen kleinen Sohn und für meine Mama, die es nicht geschafft hat. Ich liebe euch ihr 2. So lange ich lebe.




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