Freitag, 24. Januar 2020

Wochenbettdrepession und Klinikaufenthalt (mit Kind)

Fast 3,5 Jahre ist es her, dass Mini das Licht der Welt erblickt hat. Ich war während der Schwangerschaft voller wechselhafter Gefühle. Dies lag nicht nur an meinem sich verändernden Körper, der ständigen Übelkeit und den anderen schwangerschaftsbedingten Beschwerden, sondern auch an der instabilen Beziehung zu meinem Ex-Partner. Hormongeschwängert wie ich war, wollte ich heiraten oder zumindest alle möglichen Verträge abschliessen, um für Mini und mich möglichst viel Sicherheit zu haben. Mein Ex wollte das alles nicht und so stritten wir viel, was mich sehr stresste.

In dieser schwierigen Situation war es - rückblickend betrachtet - vermutlich auch nicht verwunderlich, dass ich a) eine richtig schlimme Geburt hatte (Notkaiserschnitt mit Vollnarkose nach 3 Tagen Wehen und nicht-schlafen) und b) danach in eine tiefe Wochenbettdepression fiel.

Wie es bei vielen anderen Mamas auch ist, konnte ich nach der anstrengenden und traumatisierenden Geburtserfahrung nicht schlafen. Da ich vor vielen Jahren bereits einmal ein Burnout hatte, kamen aufgrund der Übermüdung und Erschöpfung Ängste in mir hoch, die meine schlimmsten Befürchtungen wahr werden liessen.

Wochenbettdepression: Mutter-Kind-Station

Statt eines Babyblues suchte mich eine üble Wochenbettdepression heim, die mich zusammen mit der Schlaflosigkeit, meinen Ängsten und Schuldgefühlen meinem kleinen Baby gegenüber, zum Zombie machte. Mein Ex, der in der Schwangerschaft noch so Dinge gesagt hatte, wie "Ich glaub nicht, dass ich mit einem Baby so viel anfangen kann" und "das Kind geben wir dann möglichst schnell in ein Internat" schwenkte, sobald er Mini das erste Mal im Arm gehalten hatte, ins totale Gegenteil um. Nun hörte ich Dinge wie: "Du musst nur Milch geben, alles andere übernehme ich" und, dass ich Mini mindestens 4 Wochen lang stillen müsse, weil er auch als Baby 4 Wochen lang gestillt worden war. Dies hiess, dass ich keine Antidepressiva nehmen konnte, die ich vor der Schwangerschaft viele Jahre eingenommen hatte.

Mir ging es so schlecht, dass die Ärzte beschlossen, mir alle paar Nächte Nachts zum Schlafen ein Benzo zu geben. Auflage war, dass ich bis 12 Stunden nach der Benzo-Einnahme die Muttermilch wegschütten sollte, damit Mini davon nichts abbekam. Aufstehen musste ich natürlich trotzdem, denn nach 3 bis 4 Stunden Schlaf musste ich Milch abpumpen, nur um sie dann wegzuschmeissen. Mini bekam in der Zeit einen Milchschoppen aus Pulvermilch.

Insgesamt zwei Wochen quälte ich mich mit der Depression herum, bevor ich entschloss, dass ich mit Mini auf eine Mutter-Kind-Station gehen wollte. Und Gott sei Dank wurde ich auf der Psychotherapiestation C0 der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) aufgenommen. 2 Plätze gibt es dort für frischgebackene Mütter mit Babys (bis 12 Monate). Ansonsten tummelten sich auf der Station vor allem Depressive und Borderliner.

Aber das tangierte mich nur peripher. Ich steckte die wenige verbliebene Kraft in meinen kleinen süssen Babyboy. Ich wickelte ihn, ich trug ihn herum, wenn er schrie, ich stillte ihn, ich gab ihm Pulvermilch und desinfizierte die Schoppenflasche … Wenn er schlief, versuchte ich irgendwie wieder zu Kräften zu kommen. D.h. ich lag auf dem Bett und versuchte mich zu entspannen.

In der Mittagspause nahmen die Betreuerinnen uns depressiven Müttern die Kinder für 1,5 h ab. Ich lag dann meistens im Bett und versuchte mich irgendwie zu erholen. Abends war ich so fertig, dass ich sehnlichst auf 22 Uhr wartete. Denn dann übernahm die Nachtschwester. Das bedeutete, man durfte das Baby in der Nacht abgeben und endlich schlafen gehen.


Antidepressiva, Abstillen und Austritt

Bereits in der ersten Woche in der Klinik drängten mich die Ärzte, dass ich abstillen sollte. Denn offenbar war es nicht üblich, dass die stationierten Mütter noch stillten. Zumal ich ab und zu noch ein Benzo bekam und nun mit Antidepressiva hochdosiert werden sollte. Mein Ex war vehement dagegen, wenigstens 4 Wochen sollte ich durchhalten. Und ich genoss ja auch irgendwie diese innige Verbundenheit mit dem Baby beim Stillen. Andererseits erholte ich mich aber nicht, weil ich ja Nachts weiterhin den Wecker (nach jeweils vier Stunden) stellen musste, um Milch abzupumpen und sie dann wegzuschmeissen.

Nach zwei schlimmen Wochen in der Klinik setzte ich mich gegen meinen Ex durch. Mini war jetzt 4 Wochen alt und ich begann Antidepressiva zu nehmen und stillte ab. Beim Abstillen kam ich mir ein wenig allein gelassen vor, aber es klappte irgendwie. Sowieso war ich - verständlicherweise - in dieser Zeit sehr unglücklich. Fühlte mich erschöpft und hatte mit meinem schlechten Gewissen zu kämpfen, dass Mini die ersten Wochen seines Lebens in einer Klinik verbringen musste. Dies teilte mir mein Ex dann auch mehrfach mit, dass ich ja schuld sein, wenn Mini einen (Dach-)schaden bekommen würde, weil er die ersten paar Lebenswochen in einer Psychiatrie verbracht habe.

Meine Tage in der Klinik verbrachte ich grösstenteils mit meinem Baby. Ich ging mit ihm spazieren, trug ihn viel umher und machte all das, was andere Mamas auch machen. Nur Mittags und Nachts gab ich ihn nach wie vor ab. Da Mini ab ca. 17-18 Uhr bis 22 Uhr fast ununterbrochen schrie, verbrachte ich meine Abende damit auf der Station, in den Gängen, im Wohnzimmer, aber auch in meinem Zimmer mit Mini auf dem Arm auf und abzulaufen. Ich versuchte es mit Singen, mit Bauchmassagen und trug ihn stundenlang.

Mein Ex kam meistens einmal am Tag ein bis zwei Stunden vorbei. Meistens gingen wir dann mit Mini spazieren. Da mein Ex durch die Situation und seinen Job auch ziemlich belastet war, hatte er einen cleveren Move gemacht. Er meldete in der Firma die Notwendigkeit zur Pflege Angehöriger an und hatte somit frei. Trotzdem kam er nie viel länger, denn er müsse sich erholen, sagte er. Ich fand das ziemlich sch*** und auch falsch, denn schliesslich pflegte er mich nicht. Ich war ja in der Klinik. Aber ich war so mit dem Baby und mir beschäftigt, dass ich nicht weiter insistierte.


Nach 6 Wochen in der Klinik war ich soweit wieder hergestellt, dass ich nachhause gehen konnte. Mein Ex hatte noch einige Wochen frei, so dass wir uns bei den Nächten abwechseln konnten. Denn vor den durchwachten Nächten hatte ich am meisten Angst gehabt, denn unser kleiner Minimann war ein Schreibaby (er schrie 5 Monate jeden Abend stundenlang).







Doula - Mehr als eine Begleiterin in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

Bei uns ist die Doula (altgriechisch: Dienerin, Sklavin, Magd) als Geburtsbegleiterin weitgehend unbekannt.

Ich selbst hörte eher zufällig von meiner Hebamme davon und beschloss eine Doula als psychische Unterstützung während meiner Schwangerschaft zu engagieren, da mein Partner beruflich sehr eingespannt war und wenig Zeit hatte, mich emotional in der Schwangerschaft zu begleiten. Denn diese war, wie man meinen Posts entnehmen kann, oft mühsam und längst nicht so schön, wie bei anderen Frauen. Hinzu kam, dass ich vor der Geburt gehörig Respekt hatte und vor dem Wochenbett und dem Handling des neuen Erdenbürgers sowieso.

Ich buchte also ein Kombi-Paket, dass einige Treffen vor der Geburt und ihr Dabeisein während der Geburt beinhaltete. Kostenpunkt 1000,- Schweizer Franken. Eine ganz schöne Stange Geld. Ob es sich gelohnt hat? Auf jeden Fall.

Wir sind heute glücklich und dankbar, dass Nicole meinen Partner und mich vor, während und nach der Geburt begleitet hat. Wer meinen Geburtsbericht gelesen hat, bekommt eine Ahnung davon, warum.

Nicole ist ein einfühlsamer, kompetenter Sonnenschein, der es nicht nur gelang mich während der Schwangerschaft immer wieder zu motivieren, wenn ich Mal wieder die Nase voll von all den Beschwerden hatte, sondern die mich während der Geburt durch die Schmerzen trug und meinen Partner während meines Kaiserschnitts mit Vollnarkose in dieser angespannten Situation emotional zu begleiten.