Donnerstag, 24. März 2016

Kurzgeschichte II - Die Kündigung

Ich habe beschlossen auf diesem Blog nicht nur meine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle zur Schwangerschaft und Mutterschaft zu posten, sondern gleichzeitig ein Projekt zu starten, das mir schon lange im herumgeistert. Wundert Euch nicht, wenn die Geschichten krass werden, ich werde meine Ängste in den düstersten Farben ausmalen, aber vielleicht auch Mal kitschige Hoffnungen, Träume und die Erlebnisse anderer Mütter in fiktionale Storys verpacken. Viel Spass & denkt dran: alles nur Fiktion.


2. Die Kündigung

„Schatz, ich muss mit Dir reden.“
„Was ist denn los?“
„Im Büro... sie haben mir gekündigt?“
„Was? Aber wir bekommen ein Baby. Die können doch nicht jemanden rausschmeissen, der gerade zum ersten Mal Papi wird.“
„Das ist denen scheissegal, Lea. Ein halbes Jahr Kündigungsfrist habe ich, aber im November bin ich raus.“

Lea hatte sich schon immer eine eigene Familie gewünscht. Schon seit sie ein kleines Mädchen war, hatte sie nur einen Wunsch: Mami werden. Und jetzt wo es nach 35 Jahren endlich soweit ist, sollte sie diejenige sein, die 100 Prozent arbeiten würde gehen müssen, um die Familie zu ernähren, während ihr Göttergatte „bäbelend“ zuhause sässe? So hatte sie sich das nun wirklich nicht vorgestellt. Aber was sollte sie machen? 

Ihr Mann, der einen guten Job in der Textilbranche gehabt hatte, würde einen Monat nach Geburt ihres Babys seinen letzten Arbeitstag haben und dann zuhause sitzen. Denn bislang war weit und breit keine neue Stelle in Aussicht. Für Lea bedeutete dies nach den nur 15 Wochen obligatorischem Mutterschaftsurlaub, der einem in der Schweiz zusteht, wieder Vollzeit arbeiten zu gehen. Das Baby nur abends zu sehen und am Wochenende. Eigentlich kaum einen Anteil an der Entwicklung und Erziehung ihres Nachwuchses zu haben. Als sie daran dachte, musste sie ein paar Tränen herunterschlucken, die sich heiss in ihren Augen sammelten. Sie hatte einen dicken Kloss im Hals, zumal sie daran dachte, wie die Arbeitslosigkeit ihres Gatten beim letzten Mal verlaufen war. Denn bevor er die nun gekündigte Stelle angetreten hatte, war er bereits drei Jahre ohne Anstellung gewesen. Damals war er die meiste Zeit unglücklich, antriebslos und depressiv auf dem Sofa gelegen, hatte den ganzen Tag Fernsehen geschaut und Fast Food in sich hineingestopft. Ein Leben, das sie ihrem Neugeborenen nicht zumuten wollte. Aber was bliebt ihr für eine Wahl? Sie musste arbeiten gehen und hoffen, dass Viktor sich dieses Mal besser im Griff haben würde.


Es ist 18:30 Uhr. Endlich zuhause. "Das war wieder Mal ein verdammt anstrengender Arbeitstag," denkt Lea müde und schliesst die Wohnungstür auf. Sie schaut in den Flur und fühlt sich direkt hineinversetzt in eine Reportage, Berichterstattung live aus dem Kriegsgebiet. Auf dem Boden liegen Papierfetzen, ein kaputtes Spielzeug, dreckige Männerschuhe von undefinierbarer Farbe, ein angelutschter Schleckstengel, drei saubere Windeln, Buntstifte und eine vor Schmutz starrende Jacke. Alles durcheinander. Aus dem Wohnzimmer dröhnt der Kommentar eines Fussballspiels. Ein Baby schreit.

Lea tritt seufzend ins Chaos ein und ruft: „Hallo“. Keine Antwort. Also kickt sie die Schuhe zu dem Unrat am Boden und blättert kurz den Stapel Post durch, der neben 1000 anderen unnützen Sachen auf dem Sekretär im Flur liegt. Seufzend hängt sie ihre Jacke auf, hebt die Windeln vom Boden auf. Dann betritt sie das Wohnzimmer.

Auf der Couch liegt Viktor laut schnarchend, halb eingewickelt in eine Decke. Bekleidet ist er mit einem schmutzigen T-Shirt, der Bund einer weissen Feinripp-Unterhose blitzt unter der Decke hervor. Vor ihm auf dem Tisch steht ein Teller mit Essensresten in einer Pfütze aus weisser Flüssigkeit. Anscheinend ist das halbvolle Schoppenfläschchen umgekippt. Lea beobachtet wie die Milch sich in der Pfütze auf dem Tisch sammelt und einige Tropfen langsam am Tischbein hinunter auf den Boden laufen, wo sich eine weisse Lache auf dem Parkett bildet in deren Mitte eine dreckige schwarze Baumwollsocke liegt. An Viktors Brust gekuschelt, ebenfalls friedlich schlummernd, liegt Konrad, Leas und Viktors vier Monate alter Sohn.

Leise schleicht Lea um Viktor herum zu ihrem winzigen Augenstern, hebt Konrad hoch und schliesst ihn vorsichtig in die Arme. Der Kleine fängt direkt leise an zu jammern und Viktor schrickt auf dem Sofa zusammen und reisst ruckartig die Augen auf. „Ach, Du bist’s nur“, sagt er und schliesst sie sofort wieder. Unter Konrads Nase klebt angetrockneter Rotz, er trägt ein durchgeschwitztes weisses Babymützchen, einen nach säuerlicher Milch riechenden, vollgekotzten Strampler und eine blaue Babysocke. Lea rümpft die Nase und stöhnt. „Willkommen bei den Flodders“ denkt sie, und merkt wie sich sich eine immer grössere Wut in ihrem Bauch breit macht. Aus einem Reflex heraus schüttelt sie Viktor heftig am Arm und sagt: „Sag Mal, hast Du sie noch alle? Weisst Du eigentlich wie es hier aussieht? Du spinnst ja wohl, Konrad so verwahrlosen zu lassen.“ Viktor öffnet die Augen und starrt sie hasserfüllt an: „Du spinnst jawohl. Mich einfach so zu wecken. Lass mich in Ruhe“, dann schliesst er die Augen scheinbar ungerührt wieder.  


Lea schnappt nach Luft. Dann holt sie einen frischen Strampelanzug aus der Kommode im Kinderzimmer, geht ins Bad und tupft Konrad mit einem weichen feuchten Tuch vorsichtig das dreckige Gesichtchen ab. Diese Prozedur lässt der Kleine sich natürlich nicht bieten und beginnt wie am Spiess zu schreien. Lea seufzt wieder und denkt: „Warum nur? Warum habe ich mir das angetan? Einen solchen Chaoten zu heiraten, ich hätte es besser wissen müssen.“ ... TO BE CONTINUED

Mittwoch, 16. März 2016

Ergebnis Panoramatest guuut!

In der 12. SSW kam endlich das Ergebnis vom Panoramatest mit Mikrodeletionsscreening. Ergebnis: Das Risiko für Trisomien und andere Chromosomenstörungen ist minimal.

Juhu! Beim Anruf meiner Frauenärztin ist mir eine mittelgrosser Felsblock vom Herzen gerollt. Der erste Test sieht gut aus. Puh!

Das ist schon Mal eine riesengrosse Erleichterung, obwohl ich noch nicht vollständig beruhigt bin, denn schliesslich erwartet mich noch der Ersttrimestertest inklusive Nackenfaltenmessung und Herzcheck. In der 14. SSW - am 29.3.16 ist es endlich soweit. Dann werden weitere Risiken ausgeschlossen.

Allerdings erfolgt der Hauptorgancheck erst in der 20. SSW - und ich habe schon von werdenden Müttern gehört, die dann noch abtreiben mussten, weil das Kind z.B. einen schweren Herzfehler hatte.

Ich hoffe so sehr, dass bei mir alles in Ordnung ist, denn leider ist mir "Quappi" - so der Arbeitstitel unseres Nachwuchses - mittlerweile schon ganz schön ans Herz gewachsen. Es wäre ganz schön schlimm, es wegmachen lassen zu müssen.

In den ersten paar SSW war es noch easy, aber durch die Ultraschall-Bilder, das gelegentliche Ziehen im Bauch und all die nette Annehmlichkeiten (Übelkeit, Erbrechen, Aufstossen, mittlerweile auch Rückenschmerzen), die mir diese SS beschert, habe ich schon eine ganz schöne Beziehung zu unserem ungeborenen Baby aufgebaut. Auch, wenn ich mir immer wieder sage, dass dies noch nicht gut ist, weil es immer noch sein kann, dass ich es verliere, oder es wegmachen lassen muss.

Am 29.3. erfahren wir dann auch Quappis Geschlecht. Dadurch wird das ganze noch enger. Trotzdem möchte ich es wissen, schliesslich muss man ja Namen aussuchen und sich über eine Babyzimmereinrichtung Gedanken machen.

Früher habe ich mir immer ein Mädchen gewünscht, aber jetzt glaube ich - warum auch immer - dass es ein Junge wird. Vielleicht, weil ich einmal davon geträumt habe? Vielleicht, weil ich mit Richard schon einen zuckersüssen Neffen habe? Vielleicht, weil die meisten Erstgeborenen meiner Freundinnen Jungs waren? Ich weiss es nicht.

Mittlerweile ist mir - ehrlich gesagt - dass Geschlecht scheissegal: Hauptsache Quappi ist gesund!!!


Mittwoch, 9. März 2016

Der zweite Ultraschall

Heute war es endlich soweit, mein zweiter Frauenarzt-Termin mit Ultraschall. Ausserdem stand noch die Blutabnehmen für den Panoramatest an. Für diesen habe ich mich entschieden, weil ich schon relativ früh sicher sein möchte, ob ich Quappi behalte oder, ob ich es doch ziehen lassen muss.
Quappi 2
Ich hoffe so sehr, das alles in Ordnung ist, denn jetzt in der SSW 11+2 habe ich mich doch schon sehr an meinen kleinen Bauchbewohner gewöhnt. Er ist mir bereits ans Herz gewachsen und ich denke die ganze Zeit daran, was ich alles noch organisieren muss, bis "Mini-us" geboren wird.

Nicht auszudenken, wenn es eine schwere Behinderung aufweist. Bloss nicht daran denken, und das Beste hoffen!

Heute beim Ultraschall wären mir fast die Tränen gekommen. Denn Quappi lag ruhig in seiner Fruchtblase, man sah nur das Herzchen schlagen. Doch plötzlich sagte meine Frauenärztin: "Oh, jetzt ist es aufgewacht."Und tatsächlich Quappi zuckte plötzlich und strampelte wie wild mit den Ärmchen und Beinchen. Ein unglaubliches Gefühl! Denn dieses 3.2 Zentimeter kleine Wesen, von dem man nun schon die Bein- und Armansätze sehen kann, das lebt. In mir. Ist es zu fassen? Erst jetzt beginne ich langsam zu verstehen, was der Begriff "Wunder des Lebens" tatsächlich bedeutet.

In zehn Tagen weiss ich - aufgrund der Ergebnisse des Panoramatests schon relativ sicher, ob Quappi eine Trisomie oder andere schwere Behinderungen aufweist, und TATA, auch, welches Geschlecht es hat. Ende März, in der 14. SSW, habe ich dann noch eine Feinultraschall bei welchem die Nackenfaltentransparenz gemessen und schon einige Organe angeschaut werden.

Die ersten Wochen der Schwangerschaft hatte ich vor allem mit meinem persönlichen Befinden zu kämpfen, Übelkeit, Erbrechen, Blähbauch und Aufstossen. Wie wunderbar. Nun beginne ich mir langsam Sorgen um Quappis Gesundheit zu machen. Was, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Behinderung hoch ist? Der Panoramatest ist nämlich nur ein Wahrscheinlichkeitstest, also keine absolute Gewissheit. Lieber nicht daran denken.

GUT ZU WISSEN

Beim Panoramatest werden aus der Blutprobe der Mutter die Blutzellen des Fötus extrahiert. Dadurch können Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Trisomien (13, 18 und 21), wobei die Trisomie 21 noch die harmloseste Variante ist. Bei den anderen beiden Chromosomenstörungen stirbt das Baby im ersten Lebensjahr.
Der Panoramatest kostet 950 Franken und wird nur bei einer erhöhten Anzeige der Nackentransparenz, also bei einem erhöhtem Krankheitsrisiko des Kindes von der Krankenkasse bezahlt. 

Weitere 250 Franken kostet das Mikro-Deletionsscreening, ein weiterer Test, der mit der selben Blutprobe durchgeführt werden kann und weitere Behinderungswahrscheinlichkeiten ermittelt. 




Samstag, 5. März 2016

Hilfe, ich werde Mama! Wie es dazu kommen konnte ...

15. bis 17. Januar 2016: Die Ansage

"Wir müssen dieses Wochenende Sex haben, ich bin fruchtbar." Mit diesen wahnsinnig romantischen und sinnlichen Wörtern Mitte Januar 2016 begann, was nun in meinem Bauch wächst und hoffentlich im Oktober zu einem gesunden "Mini-me" wird.

Wer hätte das gedacht? Ich war ja der Meinung, man müsse lange üben, bis man endlich schwanger wird. Mein Liebster hingegen war sich immer sicher, dass es direkt einschlagen würde, sobald wir versuchen würden aus Spass Ernst zu machen. 

Und, was soll ich sagen? Meine bessere Hälfte hatte recht, wie ich schon zwei Wochen später am 25. Januar 2016, nachdem meine Mens ausblieb, zu ahnen begann. Denn, bis auf zwei Ausnahmen in den letzten 1 1/2 Jahren, habe ich einen derart regelmässigen Zyklus, dass ein Schweizer Uhrwerk neidisch werden könnte. Also vermutlich schwanger. Oder doch nicht? Ich wartete noch ein paar Tage mit dem Schwangerschaftstest, da ich keine Enttäuschung erleben wollte.

29. Januar 2016, 5 Uhr 30: Der Schwangerschaftstest

"Ausgerechnet heute, wo ich mit meinem Morgenurin den Schwangerschaftstest durchzuführen gedenke, wache ich um halb sechs auf, denke ich kurz, als ich schlaftrunken auf den Wecker schiele." Aber dann hält mich nichts mehr im Bett, denn heute muss ich endlich wissen, ob ich Mama werde, oder nicht. Seit 5 Tagen hypere ich nun diesem Tag entgegen. Um 5 Uhr 32 ist es soweit: Nun weiss ich es. Ich bin schwanger! Ich schleiche mit dem Test zurück ins Bett zu meinem Liebsten, der auch schon aufgewacht ist, halte ihn ihm unter die Nase und sage: 

ICH: "Ich bin sowas von schwanger." 
ER:"Zeig her", und dann "Ich werd' Papa."

Dann grinst er mich an wie ein Honigkuchenpferd und ich schaue wohl ähnlich grenzdebil. Er nimmt mich in die Arme und wir kuscheln uns eng aneinander bis wir um halb sieben aufstehen müssen. Dabei unterhalten wir uns darüber, wie es wohl sein wird Eltern zu sein und woran wir nun alles denken müssen. Ausserdem immer wieder: "Du wirst Mama." "Und Du Papa." "Wir kriegen ein Kind. Krass"

Und so kitschig es sich anhört. Diese Stunde, frühmorgens an einem Freitag im Januar entschädigt zur Gänze für den eher planerisch durchdachten Zeugungsakt zwei Wochen zuvor. 

Die nächsten Tage erhalte ich tagsüber immer Mal wieder eine SMS mit dem Inhalt "Ich werde Papa" und sende selber ähnliche an meinen Liebsten.

Bis zur 12. Woche warten?

Ich freue mich und kann die Neuigkeit nicht lange für mich behalten. Meine bessere Hälfte noch viel weniger. Er hat es direkt am ersten Tag jedem erzählt, den er kennt. Seiner Familie, seinen Freunden, seinen Arbeitskollegen. So fühlt es sich auf jeden Fall für mich an. Es freut mich sehr, dass mein Freund sich so freut und nach und nach erzähle ich meiner Familie und meinen besten Freundinnen davon, dass ich schwanger bin. Und ich freue mich wieder, wie sehr sich alle freuen. Jemandem von einer Schwangerschaft zu erzählen, scheint jedem in meiner Umgebung ein seliges Grinsen aufs Gesicht zu zaubern.

Auch, wenn ich manchmal zweifele, ob ich die heiklen ersten zwölf Wochen abwarten soll, ob ich es erzähle oder nicht, entscheide ich mich dann dafür. Denn gerade wenn ich eine Fehlgeburt haben sollte, oder "Quappi" nicht gesund sein sollte, gerade dann brauche ich die Unterstützung meiner Familie und Freunde!

Quappi 8 SSW.

19. Februar 2016 - Das erste Foto

Heute habe ich meinen ersten Frauenarzt-Termin um 8 Uhr morgens. Mein Liebster kommt mit und sieht ein bisschen verloren aus, in dem Wartezimmer, in dem ausser ihm nur Frauen sitzen. Ich werde gewogen, mein Blutdruck wird gemessen, ein Krebsabstrich wird gemacht und dann endlich ist es soweit: Der erste Ultraschall wird durchgeführt. 

In dem Moment, in dem ich sehe, dass in mir eine kleine Kaulquappe wächst, wird mir ganz heiss, mein Herz klopft gefühlt ebenso schnell, wie das unseres Nachwuchses und ich bin sonderbar ergriffen. Ich kann es kaum glauben. Ich habe einen Untermieter. In mir drin wächst ein Lebewesen heran. Einfach so. In meinem Bauch. Sein Herz schlägt bereits (doppelt so schnell wie das seiner Mutter) und anscheinend zappelt es auch schon unkontrolliert vor sich hin. Wahnsinn! Mein Freund strahlt mich an und drückt meine Hand. Wir werden Eltern! Verrückt.

Dann werden wir noch aufgeklärt, darüber, dass ich in der 8. Schwangerschaftswoche bin und darüber, welche Pränatal-Diagnostik-Tests man wann und wie durchführen kann. In zwei Wochen haben wir den nächsten Termin. Dann wird meine Blutgruppe bestimmt und geschaut, ob meine Blutwerte in Ordnung sind. Ausserdem werde ich - auf eigenen Wunsch - zur Ultraschall-Feindiagnostik bei einem Experten in Zürich angemeldet. Denn, so sehr wir uns freuen und so sehr ich mir ein Kind wünsche, ich persönlich traue es mir nicht zu ein schwerbehindertes Kind grosszuziehen und so kann es auch noch sein, dass wir "Quappi" ziehen lassen müssen. Das hört sich hart an, und ich weiss auch nicht, wie es wäre, wenn wirklich irgendetwas wäre. Da möchte ich lieber gar nicht dran denken und schiebe meine Ängste ganz weit weg.

Die besonderen Freuden des ersten SS-Trimesters: Übelkeit und Erbrechen

Der Vollständigkeit halber berichte ich auch über die weniger schönen Dinge, die mich die ersten SS-Wochen begleitet haben. Etwa seit der 6. SSW ist mir täglich hundeübel und ich umarme die Toilettenschüssel viel öfter, als mir lieb ist. 

Mein Geruchssinn ist wahnsinnig empfindlich geworden: Ich, die 20 Jahre (gerne) geraucht hat, kann keine Zigaretten mehr riechen. Kippen stinken für mich nun so dermassen, dass  ich den Geruch kaum ertrage. Sogar jetzt, beim Gedanken daran wird mir schon ganz flau im Magen. 

Nun ja, etwas Gutes muss die ständige Kotzerei ja haben. Nicht zu vergessen der ballongrosse Blähbauch, der meinen Bauch fast zum Platzen bringt und das  jeweils etwa 20 Minuten nachdem ich etwas gegessen habe. So sehe ich wenigstens schon zeitweise so aus, als ob ich im fünften Monat wäre. Auch schön: das ständige Aufstossen. Ich blubbere stetig vor mich hin wie Kohlensäure in einem Mineralwasserglas. 

Aufgrund dieser netten Begleiterscheinungen ernähre ich mich seit mittlerweile vier Wochen (ich bin heute in der 10 SSW) fast ausschliesslich von "Reis mit Scheiss". Reis mit Rahmspinat, Reis mit Hühnersuppe, Reis mit Spargel und gekochtem Schinken, Reis mit Möhren. In Sachen Frühstück setze ich inzwischen voll auf trockene Silserli (Laugenbrötchen), alles andere verlässt meinen Körper kurz nach dem ich es zu mir genommen habe. Das hört sich nicht gerade toll an? Ist es auch nicht.

Der Heisshunger und seine Folgen

Nachts (und auch manchmal tagsüber) träume ich von Pizza, asiatischen stark gewürzten Gerichten mit viel Gemüse und Fleisch. Sushi, Steak, Burger, Pommes und Wurst-Käse-Salat stehen auch ganz oben auf meiner Liste, die ich abzuarbeiten gedenke, wenn ich alles wieder essen kann. Manchmal (Gott sei Dank bei all den Fast-Food-Gelüsten), giere ich auch nach einem gemischtem Poulet-Kopfsalat mit lecker italienischem Dressing, grünen Smoothies und Schalen voller Erdbeeren.

Leider vertrage ich momentan nichts von alledem, kann aber trotzdem nicht immer standhaft bleiben. Dann verzehre ich doch Mal Nudeln mit Sauce, Kartoffelbrei mit Fleischkäse o.ä. Und spätestens eine Stunde später leide ich wie ein Hund. Dies ist abends besonders mühsam, wenn man schlafen möchte, aber nicht kann, weil man unbedingt aufrecht sitzen muss, damit kein Unglück passiert.

Ein Hoch auf die gesunde Ernährung in der Schwangerschaft! 

Was mich die ständige Übelkeit und die Übergeberei ertragen lässt, ist - neben Quappi - dass ich eine einzige Leckerei gut vertrage und zwar die kleinen abgepackten Engadiner Nusstörtli von der Migros. Die scheint Quappi zu mögen und ich verdrücke jeden Tag mindestens eine davon. Damit mein kleiner Bauchbewohner dennoch genügend Vitamine erhält, nehme ich Gynefam, ein Multivitaminpräparat für Schwangere.

Was man alles aushält

Und hey, wer hätte gedacht, dass ich einmal kurz nach dem morgendlichen Kotzen nahezu unbeeindruckt meinen Lidstrich weiterziehe und mich Bürofertig mache, oder dass ich mich zwei Minuten danach im Büro einfach so wieder an den Schreibtisch setze, als wäre nie etwas geschehen.
Die einzigen bangen Minuten im Büro sind die, an denen ich geräuschvoll die Toilettenschüssel umarme. Denn dort möchte ich es erst nach der 12. SSW bekannt machen, dann wenn ich die ersten Tests und hoffentlich auch die "unangenehmen aber harmlosen Begleiterscheinungen" wie es euphemistisch in sämtlichen Ratgebern heisst, hinter mir gelassen habe.